"Vergiss mich nicht"

In dem folgenden Gedicht schildert Karin Platje aus Nordhorn die Sicht einer demenziell erkrankten Person auf ihre Angehörigen - herzlichen Dank an Karin Platje für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.

 

Vergiss mich nicht

 

Ich habe Demenz und bitte dich:

VERGISS MICH NICHT

 

Wenn ich auch nach und nach den

Verstand verlier,

bleibe ich ein MENSCH, merk es dir!

 

Mein Kopf führt zwar nicht mehr das

Regiment,

doch mein Herz, mein Herz wird nicht

dement

 

Ich verlasse ein vertrautes Land

und ver - rücke in eins, das mir unbekannt.

 

Es ist für dich und für mich eine fremde

Welt,

hilf bitte, dass es mir hier gefällt.

 

Versuche meinen Rück-Weg zu

verstehen,

ich möchte ihn nicht alleine gehen.

 

Ich möchte, dass du meine Krankheit

akzeptierst

und nicht ständig mit mir diskutierst.

 

Über Sprache kann ich mich nicht mehr

verständlich machen,

drum bitte ich dich, wenig Worte zu

machen.

 

Stell mir nicht so viele Fragen,

denn was soll ich dazu sagen?

 

Wenn ich verzweifelt bin, verzweifle nicht

auch du,

versuch mich abzulenken, doch hör mir

aufmerksam zu.

 

In meiner Welt brauche ich zu jederzeit

viel Liebe und Geborgenheit.

 

In dieser Welt ist die Angst ein ständiger

Begleiter,

gib mir Trost, sonst weiß ich nicht mehr

weiter.

 

Ich erinnere mich sehr gerne, ich weiß nur

nicht wie,

meine Schatztruhe ist verschlossen, öffne

du sie.

 

Ich wünsche mir, mit dir zu lachen,

damit wirst du mir große Freude machen.

 

Lachen schafft Nähe und Glücksmomente

und ich freue mich über Komplimente.

 

Ich freue mich an kleinen Dingen,

vielleicht mit dir vertraute Lieder singen?

 

Dann geht es mir gut in meiner Welt

und ich bleibe trotzdem noch ein Teil

deiner Welt.

 

Gib mir deine Hand, täglich neu,

greif ruhig zu, hab keine Scheu.

 

Ich habe Demenz und bitte dich:

VERGISS MICH NICHT

 

Karin Platje, Nordhorn